Wo sich in Brandenburg Hase und Fuchs gute Nacht sagen

Südöstlich von Berlin in Grünheide, wo sich die Spree gemächlich durch die Mittelmark schlängelt, oder, wo sich in Brandenburg Hase und Fuchs gute Nacht sagen, liegt ein Ferienlager, das älteren Semestern unter dem Namen Pionierlager Grünheide bekannt sein könnte. Damals getragen von den VEB IFA Automobilwerken Ludwigsfelde, mit Platz für etwa 1000 Pioniere, heute geführt unter dem touristisch und politisch salonfähigeren Namen Störitzland am Störitzsee und einem wehmütigen Flair vergangener Tage.

Schön gelegen inmitten von Terpentinen und ätherischen Ölen duftenden Harzes eines das ganze Areal umrundenden Kiefernwaldes, dicht an einem idyllischen See der seinen Ursprung in der Weichsel-Eiszeit hatte.

Dieser Ort war das wiederholte Ziel des diesjährigen Sommerlagers der Karatevereine aus Ballenstedt, Staßfurt und Egeln.

 

Ich muss gestehen, das letzte Mal, dass ich selbst in einem Ferienlager war, war zu Zeiten als dem Lehrer noch mit sozialistischem Gruß die Bereitschaft der Klasse zum Unterricht gemeldet wurde und ich bin mir sicher, es war auch mit blauem Halstuch.

Vielleicht auch mit der Erinnerung an den für meinen damaligen Verstand nicht zu erfassenden Vermittlungsansätzen der Pionierleiter nach marxistisch-leninistischen Maximen geschuldet, hatte ich in den letzten Vereinsjahren nur wenig Antrieb zur Teilnahme an solchen Lagerveranstaltungen, was ich rückblickend auf dieses Lager noch bereuen sollte.

 

Warum war ich diesmal dabei? Weil mein Sohn mit dabei sein wollte. Aber das ist nur ein Teil der Wahrheit. Ferienlager damals hatten auch eine kinderfremde Intention, zumindest für meine Wahrnehmung. Diesmal waren es aber nicht Pioniere. Die Gemeinsamkeit wurde weder über einen Klassenfeind definiert, noch durch ein Halstuch manifestiert. Ich würde mit echten und halben Freunden  fahren. Letztere sind für mich die Sportler aus Staßfurt und Ballenstedt, die ich (leider) nur noch nicht besser kennenlernen konnte.

Ich denke mal, dass ich den Lesern dieses Artikels eine gewisse Grundkenntnis über unsere Vereine unterstellen darf. Daher muss ich hier nicht wirklich mitteilen, dass Alexander, Michel und Danny, die ich hier stellvertretend für die Vereine und allen weiteren Unterstützern nennen möchte, eine liebevolle Planung und Organisation umgesetzt haben. Das Lager war gut gewählt und bot im Prinzip alle Voraussetzungen um jedem der angereisten Vereinsmitglieder altersgerecht etwas bieten zu können.

So konnte man neben baden gehen  und typischen Strandbeschäftigungen auch  klettern, Volleyball spielen, angeln und vieles mehr.

Manche Dinge sind tatsächlich etwas in die Jahre gekommen, der Mobilfunkempfang ist nur an wenigen Stellen von Null verschieden, dafür war das Seewasser warm und das Lageressen überraschend abwechslungsreich, mal abgesehen von dem Eiimitat zum Spinat. Na gut, rückblickend  wäre auch die Ergänzung der Lagerausstattung um ein Paar Besen mehr gut gewesen.

 

Sehr zu loben war wieder die Planung des Karatetrainings im Lager. Es war abwechslungsreich und zum Teil anspruchsvoll, aber nicht überladen, es waren nicht zu viele und nicht zu wenige Einheiten. Michel, wieder mit humorvollen germanistischen Konstruktionen und einem hammermäßigen Ushiro-Ura-Mawashi-Geri, Alex mit einem Training, das jeder gern so hinbekommen würde und Stefan gewohnt kampftaktisch.

Meine  Befürchtungen nach Blasen an den Füßen, sportliche Überanstrengungen oder das es meinem Jungen, der erst seit einem knappen Jahr dabei ist, zu viel werden könnte, waren völlig unbegründet. Dafür ist den Trainern sehr zu danken.

Da war aber noch mehr: Gleich nach dem Aufstehen gab es Frühsport. Einmal um den See: nichts Besonderes. Dann meinte Danny was von wegen Lagertanz.

Tanzen war so ziemlich das wovor ich in der Pubertät am meisten Angst hatte, dass mich auf der Schuldisko ein Mädchen danach fragen würde. Quasi der Moment, wo ich ein ''nee, ich nicht`` gedacht und gefühlt habe.

Bei der Aufstellung waren natürlich erwartungskonform die hinteren Plätze auch sofort vergriffen.

Aber Theresa hat ihre Aufgabe sehr gut gemacht. Eins, zwei, drei, vier, tapp, vor-vor, zurück-zurück... .

Ich glaube,  in diesem Moment wurde mir (zwanzig Jahre zu spät) der wahre Wert eines solchen Lagers gewahr.

Sich fallen lassen, sich unter Freunden fühlen, Anspannungen vergessen einfach mitmachen und auch mal über sich selbst lachen. Es gab auch eine Nachtwanderung, die Erkenntnis, dass ein Bettlaken mit Augen kleinen Mädchen echt Angst machen kann, das man zu selten im Wald ist mit der Gelegenheit Glühwürmchen zu sehen und das der letzte Lagertag verdammt schnell ran sein kann.

 

Da war ja noch das mit der Taufe am See, zu der ich von Danny eine Vorwarnung erhalten habe, dass dort einige dran sind. Ich glaube, meine damals zuerst gestellte Frage war auch wirklich, was mit dran sein gemeint sei. Ich konnte aber Danny's Grinsen entnehmen, das dran sein jedenfalls mich auch betreffen würde.

Dran  entpuppte sich Kandidat bei der Eroberung von Takeshi's (sehr schön gemacht: Even Löwe) Castle zu sein, unterstützt von Karateka aus Staßfurt und Ballenstedt, die den Hindernislauf und verschiedene Eroberungsspiele mit Seitenfeuer von Wasserbomben garnierten. Immer lustig, nie wirklich peinlich und trotz des Wetterumschwunges erwärmend.

Da ich mir zu diesem Zeitpunkt schon darüber klar war, das Danny mich um einen Artikel bitten könnte, hatte ich beschlossen, auch mal explizit die Unterstützer aus den Vereinen zu loben, welche sich um das gesamte Drumherum gekümmert haben.

Auch wenn ihr zu viele seid, um euch alle namentlich zu nennen (das hole ich nach, wenn ihr die Vereinschefs seid), wegen Euch war das Lager, um meinen Sohn zu zitieren: ''geil``.

Ich für meinen Teil danke euch sehr dafür, dass ich dabei sein konnte, diesmal ohne sozialistischen Gruß.

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